In den Fernsehsendungen „plusminus“ (ARD) und „mex.das Marktmagazin“ (hessenfernsehen) jeweils vom 25. November 2020 über deutsche Regionalflughäfen stellt der Hessische Rundfunk folgende Behauptung auf:
„Doch nach 120.000 Passagieren im vergangenen Jahr gab es wegen Corona von Januar bis Oktober dieses Jahres bisher gerade mal 27.000 Passagiere. Bei Steuerzahlerkosten von etwa 18 Millionen Euro ist somit jeder bisherige Passagier in diesem Jahr mit ungefähr 650 Euro Steuergeld subventioniert worden. Dafür könnte man allen Kasseler Fluggästen ein zusätzliches Rückflugticket nach Los Angeles spendieren.“
Zudem wird Matthias Warneke vom Bund der Steuerzahler zitiert:
“Allein 2018 sind 100 Millionen Euro Steuergeld in die Regionalflughäfen geflossen”
Dieser Darstellung widersprechen der Verein PRO KASSEL AIRPORT und der Reisebüroverbund Region Kassel vehement. Grundlage für diese Behauptung ist eine Studie des Bundes der Steuerzahler („Regionalflughäfen – teure Experimente zulasten der Steuerzahler“). Darin sollten die jährlichen Kosten für die Steuerzahler durch den Betrieb der deutschen Regionalflughäfen ermittelt werden. Zur Bewertung wurden die Jahresabschlüsse, also die Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen für das Jahr 2018 von 21 Regionalflughäfen ausgewertet. Für den Flughafen Kassel werden in der Studie der Jahresfehlbetrag der Flughafen GmbH Kassel in Höhe von 5,9 Mio. Euro und Zuschüsse in Höhe von 11,8 Mio. Euro angesetzt (Summe 17,7 Mio Euro). Wie kommt der Bund der Steuerzahler auf einen Zuschuss von 11,8 Mio. Euro?
In der Bilanz des Flughafens wurde ein Sonderposten für Investitionszuwendungen gebildet. Darin werden die von der öffentlichen Hand erhaltenen Investitionszuschüsse zum Anlagevermögen abgebildet. Dabei handelt es sich um die Zuschüsse der Gesellschafter für den Ausbau des Flughafens zu einem Verkehrsflughafen in den Jahren 2011 bis 2013. Dieser Sonderposten wird jährlich in Höhe der Abschreibungen auf die geförderten Sachwerte (Gebäude, Anlagen, usw.) teilweise aufgelöst. Dies führt zu einem Erlös in Höhe von 11,8 Mio. Euro. Dem stehen Abschreibungen in gleicher Höhe gegenüber, so dass der Sonderposten für Investitionszuwendungen keine Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung hat (erfolgsneutral). Es handelt sich also um reine Buchungstechnik. Der Ausbau zum Regionalflughafen wurde schon längst bezahlt. Es wurden mit Ausbau Werte für den Steuerzahler geschaffen, die anders als Betriebsbeihilfen, nicht verschwinden.
Um es deutlich zu sagen: dem Flughafen fließen keine 11,8 Mio. Euro an Zuschüssen jährlich zu!
Aus Sicht von PRO KASSEL AIRPORT und dem Reisebüroverbund Region Kassel ist es unzulässig, die Zukunft des Flughafens mit den Kosten für den damaligen Ausbau zu verknüpfen. Eine Schließung würde an diesen Kosten, die bereits vor fast zehn Jahren angefallen sind, nichts ändern.
PRO KASSEL AIRPORT und der Reisebüroverbund halten es nicht für angemessen, den Flughafen nur anhand seines Passagieraufkommens zu bewerten. Neben dem Angebot an touristischen Flügen hat der Flughafen auch die Funktionen, den Unternehmen einen Zugriff auf ein Angebot an Geschäftsreiseflügen im Individualverkehr und dem regionalen Logistiksektor und dem produzierenden Gewerbe einen Zugriff auf Frachtflüge zu gewährleisten. Des Weiteren ist der Kassel Airport ein Standort für luftfahrtaffine und technologieorientierte Gewerbe- und Industrieunternehmen. Es arbeiten am Standort Kassel Airport fast 1.100 Beschäftigte in mehr als 30 Unternehmen.
Infrastruktur nur nach dem Defizit seiner Betreibergesellschaft zu bewerten, ist aus Sicht von Verein und Reisebüroverbund nicht sachgerecht. Vielmehr ist der volkswirtschaftliche Nutzen gegenüberzustellen und dieser beschränkt sich eben nicht nur auf die Zahl der beförderten Touristen.
Verein und Reisebüroverbund halten es zudem für unredlich, die Passagierzahlen des Ausnahmejahres 2020 heranzuziehen. Die Corona-Pandemie hat die Flugverkehrswirtschaft überdurchschnittlich hart getroffen. Anderen ebenso stark betroffenen Sektoren werden die schwachen Nutzerzahlen dieses Jahres zurecht nicht vorgehalten. Oder haben Sie schon von Schließungsforderungen im Kulturbereich wegen schlechter Besucherzahlen des Jahres 2020 gehört?
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